HDR- und HDMI-Special (4/5): HDR-Bildwiedergabe mit PS5 und Xbox Series X in der Praxis

Bildquelle: Auerbach Verlag

Mit LED-LCD und OLED-Fernsehern machten wir uns abschließend ans Werk, um die HDR-Bildeinstellungen mit den Next-Gen-Konsolen PS5 und Xbox Series zu überprüfen. Kalibrieren Sie die HDR-Einstellungen anhand der Systemeinstellungen, sollten Sie nicht davon ausgehen, dass auch jedes Spiel darauf zurückgreift: Viele Spiele ignorieren diese Voreinstellungen und bieten stattdessen eigene HDR-Optionen. In diesem Fall müssen Sie die HDR-Abstimmung Spiel für Spiel vornehmen. Das Rennspiel Dirt 5 zeigt einen weiteren Sonderfall (Test mit Xbox Series X): Innerhalb des Spiels gelangen Sie ebenfalls in die Xbox-HDR-Systemkalibrierung und diese Werte werden tatsächlich vom Spiel übernommen. Zugleich bietet Dirt 5 zusätzliche HDR-Regler in den Spieloptionen, die die Voreinstellungen in gravierendem Maße beeinflussen.Irritierend ist dabei nicht selten die Benennung der Bildregler: Besonders die Beschreibung „Helligkeit“ ist mit Vorsicht zu genießen! Einige Spiele und auch neue Fernseher geben Ihnen einen Helligkeitsregler an die Hand, der diesen Namen verdient: Sie beeinflussen damit die tatsächliche Bildhelligkeit, für dunkle Bildbereiche stehen Regler mit der Kennzeichnung „Schattenbereich“ oder „Schwarzabgleich“ zur Verfügung.

Einige Spiele und vor allem ältere TV-Geräte zeigen bei der Erhöhung der „Helligkeit“ hingegen einen ganz anderen Effekt, der auf die CRT-TV-Ära zurückgeht: Sie beeinflussen mit dem Helligkeitsregler die Einstellung der Schwarzstufen und bleichen unter Umständen das gesamte Bild aus. Um helle Bildbereiche einzustellen, ist in diesem Fall ein Luminanz- und/oder Kontrastregler vorhanden. Bevor Sie sich ans Werk machen, sollten Sie jeden Bildregler erst einmal austesten, um nachvollziehen zu können, was dieser in der Praxis wirklich beeinflusst. Komplexere Themen wie der Unterschied eines PC- und Spielmodus oder ein manueller RGB-HDMI-Abgleich können Sie am Anfang getrost ignorieren: Nutzen Sie den Spielmodus und belassen Sie die HDMI-RGB-Einstellungen aufseiten der Quelle und Spielkonsole auf automatisch, um Anfängerfehler beim Signalabgleich zu vermeiden.

Starten Sie eine HDR-Bildabstimmung, sollten Sie den TV im Spielmodus so voreinstellen, dass sämtliche Nachbearbeitungen deaktiviert sind. Dies kann bedeuten, dass Sie dynamische Kontrastnachbearbeitungen oder im Falle von Samsung-QLED-TVs den dynamischen Schwarzwert-Equalizer in den Systemeinstellungen deaktivieren sollten. Gleiches gilt für die dynamische HDR-Anpassung mit LG-OLED-TVs: Schalten Sie diese Mechanismen unbedingt ab, um eine saubere Abstimmung zu gewährleisten. Der Grund: Würden Sie beispielsweise bei LG die Dynamic-HDR-Bearbeitung innerhalb der Kalibrierung hinzuschalten, würde das Display die HDR-Tonemapping-Grenze immer wieder neu anpassen, sodass Sie im schlimmsten Fall ein 10000 Nits Signal einstellen, das bei einer effektiven OLED-Lichtleistung von knapp 700 Nits keine Vorteile verspricht. Die Testbildbeschreibungen der PS5 und Xbox Series X fallen unterschiedlich aus: Während Microsoft in den Beschreibungen eher dazu tendiert, dass Sie den HDR-Signalpegel exakt auf die Clipping-Grenze einstellen, sorgen Sonys Beschreibungen dafür, dass Sie ein Hard-Clipping von HDR-Details mit der PS5 vermeiden. Beide Beschreibungen haben ihre Berechtigung, allerdings sollten Sie wissen, was sich dahinter verbirgt. Sonys HDR-Beschreibungen der PS5 zielen darauf ab, dass Sie den ganz normalen HDR-Modus innerhalb der Spielvoreinstellungen Ihres Fernseher nutzen. Das bedeutet: Der Fernseher arbeitet intern mit einem nicht vermeidbaren HDR-Tonemapping und zeigt leuchtstarke HDR-Details deutlich oberhalb der eigenen Leistungsgrenze. Indem Sie die Weißlichtbilder nicht komplett ausbrennen lassen, sondern die Symbole erkennbar bleiben, verhindern Sie, dass Sie dem Display völlig übertriebene HDR-Helligkeitssignale zuspielen (z.B. 4000 oder gar 10000 Nits).

Microsoft legt den Fokus hingegen auf einen neuen HDR-Modus, der bislang nur von wenigen Fernsehern unterstützt wird: HGiG.Sowohl aktuelle TVs von Samsung als auch LG unterstützen den HGiG-Modus: Schalten Sie in den Spielmodus und aktivieren Sie HGiG in den HDR- oder Systemeinstellungen. Die beste Umsetzung von HGiG zeigt aktuell LG: Der CX OLED folgt dem HDR-Signal ideal bis zur eigenen Leistungsgrenze (ca. 700 Nits) und es erfolgt ein Hard-Clipping. Stimmen Sie nun die Weißlicht-Testbilder passend ab, begrenzen Sie das Signal am Display-Leistungsmaximum und genießen eine optimale Signalabstimmung und Wiedergabe. Anders sieht es bei Samsungs Q90T aus: Trotz HGiG-Voreinstellung findet kein Hard-Clipping statt, sondern Samsung „dämpft“ das interne HDR-Tonemapping lediglich. Zeigen die Kinoeinstellungen noch Details bis circa 4000 Nits, so reduziert der HGiG-Modus diese Grenze auf circa 2000 Nits. Da der Q90T im Spielmodus je nach Dimming-Verhalten zwischen 700 und 1500 Nits im Spielmodus erreicht, ist die Clipping-Grenze selbst im HGiG-Modus zu hoch gewählt und Sie werden die Weißlichttestbilder „überstrapazieren“ müssen, um die Clipping-Grenze zu erreichen. Natürlich können Sie den HGiG-Modus auch mit der PS5 nutzen, in diesem Fall sollten die dargestellten Weißlichtsymbole ins Clipping übergehen.

Doch auch mit dem OLED CX zeigen sich Nachteile bei einer normgerechten Kalibrierung. Schuld daran ist der OLED-Subpixelaufbau: Bei aktuellen OLED-Displays kommt neben dem klassischen RGB-Raster ein Weißlichtsubpixel zum Einsatz und die beste HDR-Helligkeit wird nur bei farblosen Weißfeldern erreicht. Die RGB-Farblichtleistung beträgt hingegen knapp die Hälfte der maximalen Weißlichtleistung (ca. 450 Nits). Kalibrieren Sie einen OLED-TV anhand der Weißlicht-Testbilder bis zur Clipping-Grenze, können in Videospielen helle Farbbereiche dennoch Detailverluste aufweisen oder im Verhältnis zur Weißdarstellung zu dunkel erscheinen. Ein gutes Beispiel ist hierbei Ori and the Will of the Wisps. Das Xbox-Spiel bietet einen enormen HDR-Kontrastumfang und satte Schwarzwerte sowie Farben. Mit einem OLED-TV sieht das Spiel zwar fantastisch aus, doch die Spielfigur Ori sticht als Weißlichtelement störend hervor: Der Spieler wird gerade im dunklen Raum die ganze Zeit über geblendet, da die Spielfigur stets im Fokusbereich liegt und die mit Abstand höchste Bildhelligkeit aufweist. Vollflächig bunte Hintergründe erscheinen hingegen matter als beabsichtigt. Während wir uns im Kinofilmbereich häufig über einen zu geringen HDR-Kontrastumfang beschweren, zeigt Ori and the Will of the Wisps umgekehrt, dass ein zu hoher Kontrastumfang und Blendeffekte ebenfalls das Seherlebnis schmälern können.

Durch das Absenken der Spitzenluminanz bzw. „größten“ Helligkeit können Sie den Weißlicht-Boost des vierten Subpixeln mindern oder gar vollständig eliminieren. Der Nachteil: Statt mit 700 Nits leuchten die hellsten HDR-Details dann nur noch mit knapp 450 Nits. LED-LCDs wie der Samsung Q90T zeigen zwar nicht die Bildplastizität eines OLED-TVs, doch Farben und Weißflächen leuchten meist im korrekten Verhältnis und dies auch vollflächig. Großflächig leuchtstarke Bilder werden mit OLEDs sehr schnell ausgebremst, während ein Q90T hier weiterhin enorme Helligkeitswerte erreicht. Die Nachteile eines LED-LCDs zeigen sich erst in dunklen Bildbereichen. Wechseln wir bei der HDR-Bildkalibrierung auf das schwarze Testbild, sind die Nachteile der Local-Dimming-Ansteuerung im Spielmodus erkennbar: Im Dimming-Modus Standard überzeugt der Schwarzwert, im Dimming-Modus Hoch zeigen sich verstärkt Aufhellungen und Halo-Effekte. Wenden wir die Standard-Dimming-Einstellung hingegen auf die Weißlicht-Testbilder an, entsteht der Eindruck, dass die vollflächige HDR-Wiedergabe heller erscheint als das kontrastreiche HDR-Testbild bestehend aus weißen und schwarzen Feldern.

Um eine korrekte HDR-Helligkeit über das Samsung-Display zu erzielen, müssen wir die hohe Dimming-Einstellung wählen, um einen zu starken Dimming-Effekt bei kleinen Leuchtfeldern zu vermeiden, was wiederum die beschrieben Aufhellungen und Halo-Effekte begünstigt. Da die Local-Dimming-Voreinstellung statisch ist, der Local-Dimming-Prozess aber dynamisch abläuft und zugleich eine Kontrastbearbeitung des Eingangssignals nach sich zieht, ist es mit dem Q90T deutlich schwieriger, eine einzige treffende Bildvoreinstellung für HDR-Games zu finden. Tipp für die HDR-Farbabstimmung: Da die QLED-LCDs nicht ideal der DCI-Norm entsprechen und Videospiele auch nicht auf Kinofarben begrenzt sind, sollten Sie mit Videospielsignalen den nativen Farbraummodus der Displays nutzen, um die bestmögliche HDR-Sättigung zu erzielen. Vergleicht man aktuelle Gaming-TVs wie den Samsung Q90T oder LG CX, erkennt man die Vor- und Nachteile der jeweiligen Bildtechnologie abhängig vom Spielinhalt.

Selbstleuchtende Displays wie OLED-TVs sind bei der HDR-Bildwiedergabe häufig im Vorteil, da der Helligkeitsverlauf sehr gut zum HDR-Signalverlauf passt und keine künstliche Aufhellung oder ausbleichende Farben in dunklen Bildbereichen zu befürchten sind. Dennoch ist es auch mit OLED-TVs wichtig, für eine passende Signalaufhellung in dunklen Bildbereichen zu sorgen, denn HDR-Signale können einen derart trägen Helligkeitsanstieg aufweisen, dass Sie im schlimmsten Fall (dunkle HDR-Bildbereiche) nichts mehr im normal beleuchteten Wohnzimmer erkennen. Wer also in die düsteren Welten eines Demon’s Souls eintauchen möchte und nicht im komplett abgedunkelten Raum sitzt, der sollte die HDR-Bildkalbrierung in dunklen Bildbereichen im Spiel auf ein passendes Niveau angleichen, selbst wenn dies bedeutet, dass Sie HDR-Kontrastumfang einbüßen. LED-LCDs bieten im Vergleich deutliche Vorteile bei der Farb- und Flächenhelligkeit: Verlangt das HDR-Bild nach maximaler Bildbrillanz, leuchtet ein Q90T knapp doppelt so leuchtstark wie ein aktueller OLED. Und dieser Helligkeitsvorteil lässt sich fast beliebig ausbauen, je nachdem, was die eigene Geldbörse hergibt: Mit Sonys 75ZH8 erreichten wir im Test knapp 2000 Nits, mit Sonys 85ZG9 gar 3500 Nits im Spielmodus. Und HDR-Farblicht-Helligkeit schindet gewaltigen Eindruck: Wer gegen den Flamelurker aus Demon’s Souls antritt und mit den leuchtstärksten HDR-LC-Displays am Markt die Flammen des Dämons förmlich spüren kann, wird automatisch noch tiefer ins Spielgeschehen hineingesogen.

Ebenfalls ein nicht zu verachtender LED-LCD-Vorteil: Nachleuchteffekte von statischen Elementen im Bild haben Sie nicht zu befürchten und auch ein schrittweises „Zwangsdimming“, wenn Szenen minutenlang keine Kontrastwechsel aufweisen, treten mit LED-LCDs nicht auf. OLED-TVs zeigen hingegen unbestrittene Kontrastvorteile, die Bildausleuchtung ist meist tadellos (Schattenbildung mit LED-LCDs häufig bei Kameraschwenks sichtbar) und Nachzieheffekte in dunklen Bildbereichen haben Sie nicht zu befürchten. LG bietet derzeit als einziger TV-Hersteller vier HDMI-2.1-Eingänge und der HGiG-Modus ist bei LG-OLEDs sehr gut auf die HDR-Kalibrierung abgestimmt. Schließen Sie eine Xbox Series X am LG CX und Samsung Q90T an, können Sie nicht nur 4K-120-Hz-HDR-Qualität genießen, sondern auch den neuen VRR-Signalabgleich nutzen. In der Kombination VRR und HDR zeigen CX und Q90T jedoch dramatische Qualitätsunterschiede: Während die HDR-Bildqualität mit dem LG OLED auch mit VRR überzeugt, wird die HDR-Wiedergabe mit dem Q90T schlichtweg ungenießbar: Das HDR-Tonemapping ist im VRR-Modus gerade in dunklen Bildbereichen komplett fehlerhaft, was deutliche Banding-Artefakte hervorruft.

Deshalb unser Tipp: Verzichten Sie mit aktuellen QLED-LCDs auf den VRR-Modus, wenn Sie eine überzeugende HDR-Bildwiedergabe erreichen möchten. Kompatibilitätsprobleme zeigte der Q90T zudem mit dem 120-Hz-Modus der PS5, wenn zugleich eine HDR-Bildqualität angestrebt wurde – obwohl die PS5 in den Systemeinstellungen diesen Modus anzeigt, war die Darstellung im Spiel wie Dirt 5 oder Devil May Cry 5 Special Edition entweder fehlerhaft oder es war nur eine SDR-Bildanzeige möglich. Zu guter Letzt erzwingt Samsung in vielen Bildeinstellungen, darunter auch im Spielmodus, einen pulsierenden PWM-LED-Effekt, was beispielsweise sichtbar ist, wenn Sie die PS5 starten und den Startbildschirm (nicht den Home-Bildschirm) begutachten: Hier wandern scheinbar schwarze horizontale Schatten durchs Bild – ein Nebeneffekt der LED-PWM-Ansteuerung, der mit gleichmäßig dunklen Bildinhalten deutlich verstärkt wird. Abhilfe schafft die Einblendung von hellen Bildflächen oder die Umschaltung des Displays in einen 120-Hz-Modus. Dies wird beispielsweise durch die Motion-Plus-Zwischenbildberechnung im Spielmodus erreicht, was aber den Input-Lag erhöht.

Besser ist es, mit Xbox Series X einen 120-Hz-HDMI-Signalabgleich zu erzwingen, während Sie mit PS5 dafür geeignete Spiele wie Dirt 5 oder Devil May Cry 5 Special Edition benötigen – sonst bleibt es bei einer 60-Hz-Signalzuspielung. Unsere Wahl des LG OLED CX als das aktuell beste Gaming-Display hat damit einen vergleichsweise einfachen Hintergrund: LG zeigt die größte Abdeckung von Gaming-Features im OLED-TV-Segment und implementiert diese Funktionen fehlerfreier als es nicht minder beeindruckende LED-LCDs anderer Hersteller derzeit zeigen. Doch wir sind uns sicher: Spätestens 2021 dürften die genannten Kinderkrankheiten der Vergangenheit angehören und TV-Hersteller durch die Bank mit qualitativ überzeugenden Next-Gen-Gaming-Features aufwarten. Wichtiger als die Frage QLED oder OLED ist in unsere Augen, welche Erwartungshaltung Sie an eine HDR-Bildwiedergabe haben und ob Sie die HDR-Einstellungen Ihres Fernsehers und der jeweiligen Spiele korrekt aufeinander abgleichen: Absolute Perfektion erreichen Sie mit einem Consumer-TV zwar nicht, aber Zufriedenheit und Begeisterung in jedem Fall.

Wir wünschen viel Spaß beim Gaming!