HDR- und HDMI-Special (3/5): Die optimale HDR-Einstellung mit PS5 und Xbox Series X (Theorie)

Quelle: HGiG
Spielen Sie einen Film auf UHD Blu-ray oder im Stream in HDR-Qualität ab, gibt das HDR-Master die Richtung vor: Leuchten HDR-Filmbilder selbst bei Sonnenlichtsequenzen nur mit maximal 300 Nits, gibt es kaum noch Möglichkeiten, von dieser Vorgabe abzurücken und es spielt dabei keine Rolle, ob Sie HDR10 oder Dolby Vision nutzen.
 
In Echtzeit erstellte Videospielbilder unterliegen diesen Einschränkungen nicht: Wie hell beispielsweise die Sonne im aktuellen Spider-Man: Miles Morales strahlt, ist schlichtweg Einstellungssache und es stehen Ihnen alle Wege offen. Doch wie Onkel Ben bereits orakelte: Mit großer Macht folgt auch große Verantwortung.
 
PS5 und Xbox Series X warten ebenso wie die Vorgängerkonsolen mit einer HDR-Bildkalibrierung auf. Auf dem ersten Blick sind diese Einstellungsmöglichkeiten nahezu gleichwertig, was nicht verwundert, denn Microsoft und Sony stehen gleichermaßen hinter der HDR Gaming Interest Group (HGIG), um optimale Voraussetzungen für eine HDR-Darstellung mit Fernsehern zu schaffen (www.hgig.org/doc/ForBetterHDRGaming.pdf). Alles, was Sie an Einstellungen erblicken, sind drei Testbilder, wobei zwei Weißlichttestbilder die Maximalhelligkeit definieren und ein Testbild die Aufhellung in extrem dunklen Bildbereichen (über dem absoluten Schwarzwert). Was die Xbox-HDR-Einstellung von der Playstation-Variante unterscheidet: Die HDR-Kalibrierung läuft bei Microsoft in feineren Schritten ab, was besonders nützlich ist, wenn man mit einem 20000 Euro Profimonitor die einzelnen Helligkeitsstufen pixelgenau analysieren und abstimmen kann. Doch auch für „normale“ Endanwender bietet die Xbox-HDR-Abstimmung einen Vorteil: Nach der Einstellung der drei Testbilder wird ein Vergleichsbild dargestellt, sodass Sie die Auswirkungen der Einstellungen direkt sehen, ohne ein Spiel starten zu müssen. Auf Playstation sind nicht nur die Einstellungsschritte grober gewählt, sondern es fehlt auch ein zusätzliches Testbild, um die Ergebnisse der Einstellungen direkt überprüfen zu können. Die gute Nachricht: Selbst wenn Sie völlig falsche Entscheidungen bei der HDR-Einstellung treffen, ist es nahezu unmöglich, die HDR-Bildwiedergabe zu „zerstören“: Sie komprimieren im Extremfall das Ausgabesignal schlichtweg zu stark und nutzen das Potenzial Ihres HDR-Fernsehers nicht komplett aus. Umgekehrt können Detailverluste auftreten, wenn Sie es mit den Voreinstellungen übertreiben.
 
Was Sie nicht sehen können, ist das HDR-Signal selbst: Erst mit einem Profimonitor und einer Waveform- oder pixelgenauer Bildanalyse wird exakt sichtbar, welche Helligkeitswerte welche Pixel im Bild aufweisen. Innerhalb des HDR-Schwarzbildes zeigen die pechschwarzen Felder den Nullwert des HDR-Signals, während die restlichen Felder je nach Einstellung eine Aufhellung von bis zu circa 1 Nits aufweisen. Bei den beiden HDR-Weißbildern ist es genau umgekehrt: Die gleichbleibend hellen Felder markieren das HDR-Maximum von 10000 Nits, während die einstellbaren Felder eine Abdunklung auf bis zu ca. 300 Nits erlauben. Die Schwierigkeit im Verständnis dieser Testbilder liegt darin, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen der gedachten Signalhelligkeit und der tatsächlich angezeigten Helligkeit gibt: Ein 100 Nits Display könnte theoretisch intern auf eine HDR-Signaldarstellung von 10000 Nits abgestimmt sein, umgekehrt kann ein 2000 Nits Display ein Clipping bzw. Detailverlust schon bei einem Signalwert von 1000 zeigen.
 
Um die Funktionsweise der Testbilder im Zusammenhang mit einem Display zu verstehen, ist es im ersten Schritt einfacher, von einem möglichst optimalen Profidisplay auszugehen. Als Beispiel dient hier der Eizo Monitor CG3145, den wir in unserer Ausgabe 5/19 getestet haben. Mit diesem Monitor ist es möglich, eine nahezu optimale Schwarzdarstellung zu erreichen, dem HDR-Helligkeitsverlauf (PQ EOTF) fehlerfrei zu folgen und selbst vollflächig konstant 1000 Nits zu erreichen. Dieser Punkt ist besonders für das vollflächige HDR-Testbild entscheidend: Die Signal-Clipping-Grenze, die anhand beider Weißlicht-Testbilder eingestellt wird, ist meist identisch, doch nur die wenigsten Fernseher sind in der Lage, dies in beiden Fällen realistisch umzusetzen – meist schränkt hier ein automatischer Helligkeitslimiter (ABL) die Möglichkeiten in der Praxis ein.
 
Würde man mit dem Eizo-Display die drei Testbilder abstimmen und zugleich in einem sehr dunklen Raum sitzen, würde man die Einstellungen wie folgt vornehmen: Um den bestmöglichen Kontrast sicherzustellen, würde man jede zusätzliche Aufhellung nahe Tiefschwarz vermeiden, sodass der Schwarzregler auf den niedrigsten Wert voreingestellt wird. Beide Weißlichttestbilder würde man bis zur ersten Clipping-Stufe erhöhen (die Felder erscheinen einheitlich weiß), um den Signalpegel perfekt bei 1000 Nits zu begrenzen, was zugleich der tatsächlichen Helligkeit des Displays entspricht, gleichgültig, ob nur ein Pixel hell leuchtet oder die gesamte Bildfläche. Das Profidisplay setzt auf ein sogenanntes Hard-Clipping: Dem HDR-Signal wird bis zur eigenen Maximalleistung (1000 Nits) strikt gefolgt, alle weiteren Details oberhalb von 1000 Nits werden nicht dargestellt. Durch den HDR-Helligkeitsabgleich über die Videospielkonsolen wird sichergestellt, dass der Signalpegel exakt bei 1000 Nits endet. Spielt man nun ein Spiel ab, das diese HDR-Einstellungen auch wirklich übernimmt, erhält man ein optimales HDR-Bild: Dunkle Bildbereiche sowie Farben erscheinen satt und helle HDR-Bereiche strahlen mit bis zu 1000 Nits, ohne Detailverluste aufzuweisen. Das Problem: Kein Consumer-Display am Markt erreicht die Möglichkeiten eines solchen Monitors und sowohl mit LED-LCD- als auch OLED-TVs ergeben sich in der Praxis Einschränkungen.
 
Mit OLED-TVs ist es zwar möglich, einen noch besseren Schwarzwert als mit dem Eizo CG3145 zu erzeugen, aber einen derart weichen und fehlerfreien Helligkeitsverlauf in dunklen Bildbereichen zeigen die aktuellen Consumer-OLEDs nicht. Zudem erreicht kein OLED-TV eine vollflächige (RGB-Farblicht)-Helligkeit von 1000 Nits. Leistungsstarke LED-LCD-TVs zeigen zwar ähnliche Spitzenhelligkeiten wie der Eizo CG3145, doch der Einsatz eines Local-Dimming-Backlights sorgt für Halo-Effekte, Aufhellungen und ausbleichende Farben, die besonders im Spielmodus verstärkt auftreten können. Da nicht alle Spiele die HDR-Systemeinstellungen übernehmen und Sie sicher nicht mit einem sündhaft teuren Profi-Monitor HDR-Games zocken werden, können wir an dieser Stelle nur davor warnen, eine einzige HDR-Voreinstellung auf sämtliche TVs übertragen zu wollen. Stattdessen liegt der Schlüssel in einer überzeugenden Gaming-Wiedergabe vor allem darin, das HDR-Signal optimal auf das eigene Display und nicht zuletzt die Raumhelligkeit und die eigenen Sehgewohnheiten abzustimmen.