Im Gegensatz zu einem Flachbildfernseher oder einer Leinwand ermöglichen VR-Brillen einen Rundumblick auf das virtuelle Geschehen. Mit PS VR2 steht nun eine neue VR-Brille exklusiv für die Playstation 5 zur Verfügung. Als Sony im Jahr 2016 die erste Playstation-VR-Brille für die PS4 veröffentlichte, wurde für kurze Zeit ein regelrechter VR-Hype entfacht. Sieben Jahre später sind die Vorzeichen etwas andere, denn die meisten VR-Enthusiasten sind auf PC-Hardware umgestiegen, während der Massenmarkt mit den portablen und autarken Meta-Quest-Lösungen in die VR-Welten abtaucht. Zwar lässt sich Sonys PS VR1 weiterhin an der Playstation 5 betreiben, doch ist hierfür ein Extra-Adapter erforderlich und die PS-Move-Controller sind nur noch zu hohen Preisen erhältlich, weil Sony deren Produktion bereits vor Jahren einstellte. Für Playstation-Fans, die mit zeitgemäßer Technik in VR-Welten abtauchen möchten, ist die Einführung von PS VR2 somit längst überfällig gewesen. Lesen Sie mehr im aktuellen HDTV-Magazin.
VR-Start mit Handbremse
Im Gegensatz zur publikumswirksamen PS-VR1-Einführung hält sich Sony mit der PS VR2 äußerst bedeckt: Öffentliche Auftritte auf wichtigen Messen finden durch Sony nicht mehr statt und auch der Verkauf der PS VR2 in Elektronikmärkten ist bislang nicht vorgesehen. Somit besteht derzeit kaum eine Möglichkeit, die PS VR2 vor dem Kauf zu testen, stattdessen kann die neue Hardware ausschließlich im Playstation-Onlinestore erworben werden.
Sony richtet sich mit dem neuen Headset aktuell vor allem an PC-VR-Kenner und ehemalige PS-VR1-Besitzer. Letztere erhalten durch den Kauf der PS VR2 die deutlich bessere Technik, profitieren aber nicht von einem größeren Spielekatalog, denn bereits erworbene PS-VR1-Spiele lassen sich nicht über PS VR2 abspielen. Stattdessen müssen Games entweder komplett neu für PS VR2 entworfen werden oder es sind Updates für bestehende PS-VR1-Titel notwendig. Eine klare Linie ist dabei nicht zu erkennen: Zum Testzeitpunkt wurden nur wenige PS-VR1-Games mit einem Update für PS VR2 bedacht und meist kosteten diese Updates einen Aufpreis. Für VR-Games wie „Rez“ oder „Tetris Effect“ müssen beispielsweise 10 Euro zusätzlich pro Titel bezahlt werden, um die bereits erworbenen Spiele für PS VR2 lauffähig zu machen. Besser macht es Sony beim Rennspiel „Gran Turismo 7“ und Capcom beim Horrorspiel „Resident Evil Village“, denn hier gibt es das VR-Update für Besitzer des Spiels kostenlos. Am teuersten fallen exklusive VR-Spiele wie „Horizon: Call of the Mountain“ aus, die als PS5-Vollpreistitel in den Verkauf gehen.
Fehlende PS-VR1-Highlights
Während Sony zum PS-VR1-Start die exzellente kostenlose „VR Worlds“-Spielesammlung veröffentlichte, haben wir diese bei der PS VR2 schmerzlich vermisst. Zwar füllt sich der PSN-Store mit Demos für PS-VR2-Games, doch ohne PSN-Mitgliedschaft ist das Ausprobieren dieser Titel nicht möglich. Weshalb weitere PS-VR1-Highlights, wie das wunderbare „Astra Bot: Rescue Mission“, noch nicht für PS VR2 geupdated wurden, bleibt Sonys wohl größtes Geheimnis. Hält man sich vor Augen, dass sich der Verkaufspreis von PS VR2 mit 600 Euro im Vergleich zum PS-VR1-Komplettset aus dem Jahr 2017 stark erhöht hat (VR-Brille mit Controllern und Kamera für 400 Euro) und eine PS5 aktuell 550 Euro kostet, während die PS4 Slim für 300 Euro erhältlich war, dann hat sich der Einstiegspreis in Sonys VR-Welt, im Vergleich zum PS4-Zeitalter, nahezu verdoppelt, wenn man noch einen PS-VR2-Titel wie „Horizon: Call of the Mountain“ hinzurechnet. Dass dieser hohe Preis VR-Kenner keinesfalls überraschen dürfte, liegt an den allgemein hohen Preisen für PC-Hardware und den Meta-Quest-Preisen in Europa.Zum Vergleich: Ein leistungsstarker PC dürfte mindestens 1 000 Euro kosten und der gleiche Preis ist für das Valve-Index-VR-Headset erforderlich. Die in den USA vergleichsweise attraktive VR-Komplettlösung Meta Quest Pro (1 000 Dollar) kostet in Europa hingegen 1 800 Euro. Günstiger als PS VR2 ist lediglich die Meta-Quest-2-Brille, die technisch allerdings nicht mit Sonys Lösung schritthalten kann. Somit lässt sich objektiv festhalten: Der PS-VR-2-Einstieg ist vergleichsweise kostspielig, aber immer noch preislich im Rahmen, wenn man die gebotene Technik mit PC-VR-Hardware oder der leistungsstärksten Meta-Quest-VR-Brille vergleicht.
Rundum verbesserte VR-Lösung
Wer in den letzten sieben Jahren sämtliche VR-Weiterentwicklungen von Meta, HP, HTC und Valve verschlafen hat, der wird von der PS VR2 regelrecht begeistert sein. Zur Erinnerung: Wer die PS VR1 mit einer PS4 verbinden wollte, der musste die VR-Brille über dicke Kabel und Adapterstecker mit einer externen Box verbinden. Die externe Box erforderte wiederum einen separaten Stromanschluss über ein eigenes ausgelagertes Netzteil und durch einen Lüfter arbeitete die Box nicht lautlos. Um die Bewegungen der PS-VR1-Brille einzufangen, war eine separate Playstation-Kamera erforderlich und für die Bewegungssteuerung kamen technologisch veraltete Playstation-Move-Controller aus dem PS3-Zeitalter zum Einsatz. Kurzum: Die PS VR1 war eine preislich überaus attraktive VR-Lösung und ermöglichte einen idealen Einstieg in die VR-Welten, doch der Auf- und Abbau des Systems war regelrecht eine Qual. Mit PS VR2 eliminiert Sony fast vollständig alle genannten Nachteile, sodass die Inbetriebnahme nur wenige Minuten beansprucht. Möglich wird dies durch ein einziges USB-C-Verbindungskabel zur PS5, das mit knapp vier Metern Länge zwar nicht außerordentlich lang ausfällt, aber die VR-Einrichtung zum Kinderspiel werden lässt. Die Kameras zur Bewegungserkennung sind bei PS VR2 im Headset verbaut. PS VR2 benötigt im Vergleich mit PS VR1 somit keine externe Anschluss-Box, kein externes Netzteil, keine externe Kamera und das einzige USB-C-Verbindungskabel fällt äußerst dünn und flexibel aus. Auch wenn PS VR2 durch den USB-Verbindungszwang mit der PS5 noch längst nicht die Freiheiten einer autarken Meta Quest erreicht, so ist der Anschluss der VR-Brille so einfach gestaltet, dass auch Einsteiger keine Probleme haben sollten, die PS VR2 in Betrieb zu nehmen.
Im Gegensatz zur PS VR1 liegen die passenden VR-Motion-Controller beim PS-VR2-Headset bei und Sony stattet die neuen Controller mit den bereits vom Dualsense-Controller bekannten adaptiven Schultertasten aus. Ziehen Sie mit den Zeigefingern die L2- und R2-Taste nach unten, werden Sie einen physischen Widerstand spüren, beispielsweise wenn im VR-Spiel eine Bogensehne gezogen oder ein Abzug gedrückt wird. Die Fingererkennung erfolgt über die Tastenfelder der Controller, was in den meisten Fällen überzeugend funktioniert, aber nicht an die Freiheiten der Valve-Index-Controller heranreicht, die über ein echtes Finger-Tracking-System verfügen. Etwas unglücklich gestalten sich die weiteren Schultertasten (L1/R1), die sich nicht komfortabel genug drücken lassen bzw. oftmals unbeabsichtigt ausgelöst werden. Die PS-VR-Controller werden über ein USB-Kabel geladen, doch Sony legt nur ein passendes Kabel bei. Eine Aufladung während des Spielens ist nicht möglich und der Akku der Controller kann je nach Spiel bereits nach drei bis vier Stunden erschöpft sein. Sonys optional erhältliche Ladeschale, mit der beide Controller parallel aufgetankt werden können, war im Playstation-Store zum Testzeitpunkt nicht immer verfügbar und kostet weitere 50 Euro.
Scanner in the Dark
Nicht zuletzt Meta etablierte mit der autark arbeitenden VR-Brille Quest ein nützliches Zusatzfeature, um eine Kollision mit der Umgebung zu vermeiden: einen Umgebungsscan. Hierbei erfassen die Kameras der VR-Brille einen virtuellen Spielbereich, der genau dort endet, wo Sie es vorgeben. Treten Sie in einem VR-Spiel an den Randbereich der vorab definierten Begrenzung, erscheinen virtuelle Wände und die Brille schaltet auf einen Durchsichtmodus um, sodass Sie nicht Gefahr laufen, über den Tisch oder das Sofa zu stolpern oder das TV-Display mit Armbewegungen einzuschlagen.
Sony ermöglicht mit PS VR2 ebenfalls einen Umgebungsscan: Wie in einem Sci-Fi-Film scannt PS VR2 genau die Bereiche, auf die Sie blicken, das System erkennt fast fehlerfrei Höhenunterschiede und erstellt ein komplexes Drahtgittermodell. In diesem Moment scheint die Realität mit der virtuellen Welt förmlich zu verschmelzen. Ist der Umgebungsscan erfolgt, können Sie mittels der Controller und Handbewegungen den Spielbereich weiter vergrößern oder beschneiden, sodass Sie sich am Ende gefahrlos in den virtuellen Welten bewegen können. Nur in einem Punkt setzt PS VR2 eine nicht zu überspringende Hürde: Einige VR-Spiele erfordern einen Spielbereich von mindestens 2×2 Metern und wird diese Anforderung nicht erfüllt, startet das betreffende Spiel nicht. Gut möglich, dass diese Restriktion über spätere Updates noch gelockert wird, doch im Praxistest konnte es bedeuten, dass eine 4-Quadratmeter-Fläche nicht zum Spielstart ausreichte, wenn die eingezeichnete kürzeste Strecke weniger als 2 Meter umfasste. In diesem Fall kann es notwendig sein, das Mobiliar umzustellen oder auf andere VR-Spiele auszuweichen, die bequem im Sitzen und mit wenig Platzbedarf gespielt werden können.
Beeindruckender OLED-Kontrast
Sony setzt bei den verbauten Displays des PS-VR2-Headsets auf selbst selbstleuchtende OLED-Pixel und diese verfehlen ihre Wirkung nicht. Zwar leuchten die OLED-Pixel trotz HDR-Unterstützung der Brille weniger als 300 Nits hell, während moderne HDR-Fernseher mehr als die dreifache Leuchtstärke mit HDR-Quellen erreichen, doch im Vergleich zu den meisten VR-Brillen, die lediglich 100 bis 200 Nits bereitstellen, sind die HDR-Displays von PS VR2 ein echtes Leuchtstärkewunder.
Um jeglichen Lichteinfall beim Tragen des VR-Headsets zu vermeiden, setzt Sony auf eine flexible XXL-Gummiabdichtung, die sich bei Bedarf vollständig lösen und abwaschen lässt. Für den VR-Einsatz ist der neu gestaltete Gummiaufsatz ideal, denn weder von oben, unten oder von den Seiten dringt störendes Restlicht ein, sodass die OLED-Displays der Brille als außerordentlich hell empfunden werden und die OLED-typisch tolle Schwarzdarstellung nicht unter künstlichen Aufhellungen leidet. Einen besseren VR-Bildkontrast als mit PS VR2 wird man so schnell nicht am Markt finden, weshalb Sony dank OLED-Technik und HDR-Signalzuspielung in Sachen Bildplastizität alle Register mit PS VR2 zieht.
Lob an die Technikabteilung
Sonys eigenes Technikvideo demonstriert eindrucksvoll, wie bei der gesamten PS-VR2-Bauweise auf eine möglichst klare Struktur geachtet wurde. Während viele VR-Brillenhersteller wichtige Bauteile verkleben, sind diese bei PS VR2 verschraubt oder stabil ineinandergesteckt, sodass eine Reparatur deutlich einfacher ausfallen dürfte, als bei vielen anderen VR-Headsets. Nur in einem Punkt hat uns PS VR2 nicht ganz überzeugt: das haptische Gefühl der verbauten Materialien.
PS VR2 wirkt nicht so hochwertig wie ein teures Premium-VR-Headset. Die veranschlagten 600 Euro für die VR-Brille sind durch die kostenintensive interne Technik sicher gerechtfertigt, doch allein auf Basis der die Anfassqualität vermittelt PS VR2 nicht das Gefühl, ein High-End-Headset erworben zu haben. Immerhin kommt eine weitere Innovation in Spielen nicht zu kurz: Sony verbaut Rumble-Motoren nicht nur in den Controllern, sondern auch im Headset, sodass Effekte im Spiel über das Headset fühlbar gemacht werden. Es handelt sich dabei nur um dezente Rumble-Effekte, doch der VR-Immersion kommt Sonys Technikinnovation durchaus zugute. Eine weitere clevere Zusatzlösung: Der interne Lüfter ist hauptsächlich für die Kühlung des Hauptprozessors der VR-Brille zuständig, aber zugleich wird dafür sorgt, dass ein Beschlagen der Brillengläser über Belüftungsöffnungen und die Luftzirkulation gemindert wird. An der Unterseite des VR-Headsets findet sich noch ein Mikrofon, sodass in Team-basierten Onlinespielen ganz bequem mit anderen Spielern kommuniziert werden kann.
Infrarot-Erkennung überall
Die einzigen sichtbaren Kameras befinden sich an der Außenseite des VR-Headsets. Per Tastendruck können Sie auf einen „Durchsichtmodus“ umschalten und Sie sehen Ihr Wohnzimmer in einer Schwarz-Weiß-Ansicht über die integrierten Kameras zur besseren Orientierung. In der VR-Brille und in beiden Controllern kommen weitere nicht sichtbare Infrarot-LEDs zum Einsatz. Die handumschließenden Ringe beider Controller sind kein Zufall, denn die integrierten IR-Emitter lassen sich so bestmöglich über die Kameras der PS-VR2 erfassen, um Handbewegungen mit möglichst wenigen Aussetzern in die virtuellen Welten zu übertragen.
Das funktioniert in den meisten Fällen fehlerfrei, solange die Ringe der Controller im Sichtfeld der PS-VR2-Kameras bewegt werden. In Spielen wie „Horizon: Call of the Mountain“ kann es beim Spannen eines Bogens aber durchaus passieren, dass eine Hand so weit nach hinten gezogen wird, dass die Erkennung für kurze Zeit nicht wie gewünscht abläuft. Zudem passierte es uns im Test, dass die Ringe der Controller ungewollt mit der VR-Brille kollidierten, wenn spezielle Bewegungen in VR-Spielen eine kopfnahe Controllerhaltung erforderten. Wie bereits angedeutet kommen auch in der Brille Infrarot-LEDs und eine Kamera zum Einsatz und die neue Technologie, die damit ermöglicht wird, lautet etwas kryptisch „Foveated Rendering“.
Intelligenter Leistungseinsatz
Mittels IR-Lichtern und einer Kamera im Headset erfasst die PS VR2 Ihre Augenbewegungen und setzt diese in Echtzeit in Spielen um. Der Vorteil: Die Playstation 5, die für das Rendering der virtuellen Welten zuständig ist, kann die meiste Grafikleistung dort einsetzen, auf denen der exakte Blickpunkt gerichtet ist. Foveated Rendering bezeichnet genau diese Technologie: Alles, was Sie mit den Augen anvisieren, wird in höherer Qualität von der PS5 gerendert, während sämtliche Dinge im Unschärfeblickfeld eine geringere Qualität aufweisen. Dadurch spielt die VR-Wiedergabe mit der PS5 weit oberhalb der eigentlichen Leistungsklasse der Konsole, denn es muss nicht länger das gesamte VR-Bild in höchster Auflösung erstellt werden, sondern nur der Ausschnitt, auf den Sie gerade blicken.
Wie effektiv diese Technologie arbeitet, erkennt man meist nicht innerhalb des VR-Headsets, sondern wenn man das HDMI-Signal am Fernseher betrachtet. Das Rennspiel „Gran Turismo 7“ zeigt den „Foveated Rendering“-Effekt besonders eindrucksvoll: Alle Bereiche im Blickfeld erscheinen vergleichsweise scharf und es zeigen sich homogene Konturen, während sämtliche Bereiche außerhalb des Blickfelds in geringer Auflösung und regelrecht gezackt erscheinen können. Funktioniert die neue Technologie fehlerfrei, kann die PS5 den Großteil der Rechenleistung in genau jene Bildbereiche stecken, die für das VR-Erlebnis wirklich notwendig sind, während sich der Nachteil dieses Rendering-Verfahrens lediglich am heimischen Fernseher nachvollziehen lässt, wenn sich Bildbereiche betrachten lassen, auf denen nicht der Fokus des VR-Brillennutzers liegt.
PS5 setzt Grenzen
Doch selbst mit allen technischen Tricks stellen einige VR-Games die PS5 vor eine zu große Leistungshürde, denn VR erfordert nicht nur bei der Auflösung einen enormen Rechenaufwand, sondern auch hinsichtlich der Bildanzahl pro Sekunde. Gelten 60 Bilder pro Sekunde bei einer Betrachtung auf einem TV-Screen als positives Qualitätsmerkmal, stellen diese bei VR lediglich das Minimum dar. Im Optimalfall sollten Spiele deutlich mehr als 60 FPS erreichen, beispielsweise 90 oder gar 120 Bilder pro Sekunde, was das Leistungsmaximum von PS VR2 darstellt. Doch genau an diesem Punkt schwächelt die PS5: Viele von uns getestete VR-Games werden lediglich mit 60 FPS von der PS5 gerendert und über ein simples Frame-Dopplungsverfahren dargestellt, was bei schnellen Kopfbewegungen zu störenden Doppelkonturen und Unschärfen führt.
Somit ist die VR-Grafikqualität in Spielen, in denen viel Bewegung vorherrscht, meist noch nicht auf Top-Niveau. Selbst bei ruhigen Spielen wie „Kajak VR“ fällt die doppelte 60-Hz-Bildprojektion negativ auf und der Unterschied in der Klarheit der VR-Wiedergabe zwischen einer ruhigen Kopfhaltung und umherschweifenden Blicken ist dementsprechend groß. Wer aktuell einen High-End-PC besitzt und VR-Brillen mit 120 oder 144 Hz nativ ausreizen kann, dürfte von PS VR2 mit der PS5 weniger beeindruckt sein als VR-Einsteiger oder PS-VR1-Umsteiger, für die Sonys neue Brille ein ganz klares Upgrade darstellt. Leider erlaubt es Sony nicht, die PS VR2 an einem PC zu betreiben, was es bislang in vielen Spielen unmöglich macht, die maximale Darstellungsqualität des neuen VR-Headsets auszukosten.
Nicht immer kristallklar
Sony hat die Auflösung der OLED-Displays der PS VR2 im Vergleich zur PS VR1 vervierfacht, sodass sich eine Auflösung von 2000 x 2040 Pixel pro Auge ergibt. Einer 4K-Auflösung entspricht dies nicht, denn es reicht in diesem Fall nicht aus, die Angaben für beide Augen zu addieren. Bereits im Zeitalter der 3D-Fernseher entfachte zwischen den TV-Herstellern ein Streit darüber, welche Brillen-Technologie die volle 3D-Auflösung ermöglichte. Eine Halbierung der Auflösung pro Auge aufseiten einiger 3D-Technologien sorgte für einen deutlichen Auflösungsverlust, auch wenn die TV-Hersteller das Argument vorschoben, dass sich die Auflösung für das linke und rechte Auge addieren ließe und somit gar kein Auflösungsunterschied erkennbar sein sollte. Für die 3D-Darstellung, die räumliche Perspektive und die wahrgenommenen Details ist es zwingend notwendig, dass beide Augen mit der identischen Auflösung bespielt werden, dennoch führt eine simple Addition der Pixelanzahl nicht automatisch zur Verdopplung der Auflösungsqualität. Wir müssen an dieser Stelle deshalb betonen: PS VR2 bietet keine 4K-Auflösung, sondern mit vier Megapixeln lediglich die Hälfte der 4K-Auflösung, was am ehestens mit Monitoren zu vergleichen ist, die im 16:9-Format über 2560×1440 Bildpunkte verfügen.
Für die PS5 entsteht allerdings tatsächlich ein 4K-Rechenaufwand, denn die Playstation-Hardware muss die VR-Welten für beide Augen bzw. Perspektiven gleichzeitig berechnen, weshalb in diesem Fall die Addition beider Bilder korrekt ist, wenn man den Rechenaufwand beziffern möchte. Dank Einsatz des Foveated Renderings kann die PS5 allerdings eine Menge Rechenleistung einsparen, denn Bereiche außerhalb des Fokuspunktes werden meist in extrem geringer Auflösung gerendert. Dass der Blick in die VR-Welten je nach dargestelltem Bildinhalt nicht kristallklar erscheint, liegt an mehreren technologischen Kompromissen. Sony setzt bei den OLED-Displays auf eine abweichende Subpixelstruktur, sodass sich je nach Farbwert eine geringere Farbauflösung ergibt, als es die Pixelanzahl vermuten lässt. Zudem setzt Sony einen Zusatzfilter ein, um die Pixelstruktur zu minimieren, doch die OLED-Screens leiden unter einem Mura-Effekt, der wie ein Schmierfilm erscheinen kann. Besonders in Spielen mit Lichtquellen, in denen die grünen Subpixel der OLED-Screens für die Helligkeitsdarstellung dominant beansprucht werden, ist dieser Effekt störend erkennbar. Ein etwas umständlicher Lösungsansatz ist, zusätzliche Filterbrillen wie Sonnenbrillen zu tragen, die zwar eine komplette Farbtemperaturverschiebung provozieren, aber den Mura-Effekt im Bereich der grünen Subpixel fast vollständig eliminieren.
Millimeterarbeit für Durchblick
Einer der größten Nachteile der PS VR2 sind die eingesetzten Fresnel-Linsen, die einen extrem geringen Sweetspot aufweisen. Als Sweetspot wird der Bereich definiert, der einen scharfen Gesamteindruck des Bildes ermöglicht. Durch die horizontale Linsenverschiebung ist es zwar kein Problem, die Gläser für beide Augen in der X-Achse auszurichten und auf den eigenen Augenabstand anzupassen, doch es fehlt eine variable Einstellungsmöglichkeit für die Headsethöhe. Zwar können Sie die VR-Brille innerhalb der Grenzen der Stirn- und Kopfpolster in die gewünschte Position bewegen, doch je nach Kopfgröße oder Brillenzwang können sich beim Tragen der PS VR2 zwei ganz unterschiedliche Probleme ergeben.
Entweder drückt die VR-Brille nach einigen Minuten schmerzhaft auf die Stirn oder den Hinterkopf, während die Bildwiedergabe scharf genug erscheint, oder die Sicht durch die VR-Brille erscheint unscharf, wenn auf einen besonders angenehmen Tragekomfort geachtet wurde. Natürlich wird es PS-VR-2-Anwender geben, die vom Tragekomfort der neuen Brille begeistert sein werden, doch ob der Tragekomfort und die freie Sicht auf die VR-Welten gleichermaßen überzeugen, ist eine höchst individuelle Frage, die von Person zu Person unterschiedlich beurteilt wird. In unserem kleinen Testrahmen beurteilten knapp zwei Drittel der Testpersonen den Tragekomfort als positiv, während ein Drittel vom Tragekomfort oder von den Unschärfen enttäuscht war. Eine allgemeine Empfehlung für jede Einzelperson lässt sich für VR-Brillen deshalb nicht aussprechen, weshalb es zukünftig umso wichtiger wäre, dass Sony die PS VR2 in der Öffentlichkeit erlebbar macht, damit man sich vorab vom Tragekomfort und der Schärfedarstellung überzeugen kann.
Kopfhörerärgernis
In den letzten Jahren sorgten zahlreiche innovative Audiolösungen in modernen VR-Brillen für Aufsehen. Allen voran Valve und HP lieferten mit ihrer Kopfhörerlösung eine echte Klangreferenz. Zudem gestalten sich die Kopfhörer einer Valve Index als ungemein praktisch, denn sie sind flexibel justierbar und schweben über den Ohren. Durch diese Lösung wird keinerlei Druck auf die Ohren ausgelöst und man ist nicht vollständig von der Umwelt abgeschnitten. Meta setzt hingegen verstärkt auf kleine Soundschlitze innerhalb des Kopfriemens der Quest-Brillen. Diese Lösung wurde in der ersten Generation zunächst belächelt, doch auch hier zeigte sich eine stetige Weiterentwicklung, sodass aktuelle Meta-Quest-Brillen ohne zusätzliche Kopfhörer einen brauchbaren Raumklangeindruck simulieren. Die PS VR2 verfügt hingegen über keinerlei integrierte Kopfhörer, stattdessen werden vergleichsweise billige mitgelieferte In-Ear-Kopfhörer über eine dünne Plastikschiene ans Headset gesteckt und beide Mini-Kopfhörer finden in kleinen Aussparungen am Kopfbügel Halt.
Wer die Klangqualität steigern möchte, sollte externe Kopfhörer verwenden, wie die Playstation-Pulse-Headphones, womit sich der PS-VR2-Gesamtpreis um weitere 90 Euro erhöht. Zwar ist das PS-VR2-Design für die Pulse-Kopfhörer optimiert worden, doch je nach Kopfform, Brillenzwang und aufgrund des geringen vertikalen Sweetspots der VR-Brille können externe Kopfhörer ein echtes Ärgernis darstellen, wenn man möglichst schnell und komfortabel eine kurze VR-Spielsession starten möchte. Dies ist umso bedauerlicher, da die Klangqualität auf ganzer Linie überzeugt: PS VR2 bietet eine fantastische Raumklangkulisse und Sie werden keine Mühe haben, Objekte und Gegner punktgenau im 3D-Umfeld zu orten. Eine möglicherweise bessere Lösung sind die Aufsteck-Kopfhörer Bionik Mantis, die für PS VR1 entworfen wurden, aber auch mit der PS VR2 zusammenarbeiten. Damit lässt sich zwar nicht die Klangqualität der Valve-Index-Kopfhörer erreichen, aber ein ähnlicher Tragekomfort, da die Bionik-Mantis-Lautsprecher über den Ohren schweben.
Kein Blu-ray-3D-Support
Mit der PS VR1 war es möglich, sämtliche Inhalte (Games, Videostreams, Blu-ray) auf einer virtuellen XXL-Leinwand zu genießen und Sony spendiert auch der PS VR2 diese Zusatzfunktion. Einige Spiele wie „Gran Turismo 7“ wechseln sogar mitten im Spiel zwischen einer flachen virtuellen Leinwandsicht und der VR-Ansicht, sobald Sie sich im Cockpit der Rennwagen befinden. Dank der höheren Displayauflösung der PS-VR2-OLED-Screens können Sie Videoquellen ohne Einschränkungen und in unterschiedlichen Bildgrößen als virtuelle Leinwandprojektion genießen, wobei die Qualität einer besseren Full-HD-Wiedergabe entspricht und nicht an eine echte 4K-TV-Auflösung heranreicht. Durch den aktuellen Erfolg des Kinofilms „Avatar: The Way of Water“ und dem Umstand, dass immer noch 3D-Blu-ray-Discs auf den Markt kommen, könnte man davon ausgehen, dass Blu-ray-3D-Discs mit PS VR2 in bester Bildqualität dargestellt werden können. Doch im Gegensatz zur PS VR1 und der PS4, die dieses Feature unterstützen, ist mit der PS5 und der PS VR2 keine Blu-ray-3D-Wiedergabe möglich. Hier vergibt Sony in unseren Augen eine einmalige Chance, denn nach dem Aussterben des 3D-Standards im Flachbild-TV-Segment würde die PS VR2 eine ideale Lösung für Kinofans darstellen, die ihre Blu-ray-3D-Sammlung in voller Pracht genießen möchten. Bislang wurde keine Blu-ray-3D-Unterstützung für die PS5 angekündigt, aber selbst im PS4- und PS-VR1-Zeitalter wurde diese Option erst nach einiger Zeit über ein Softwareupdate freigeschaltet – Blu-ray-3D-Fans dürfen zumindest noch hoffen.
Wenn VR auf den Magen schlägt
Euphorische Erfahrungsberichte zur PS VR2 werden meist von Personen geschildert, die VR-Spiele ohne Probleme selbst mit schnellen Bewegungen im virtuellen 3D-Raum verkraften. Unter dieser Voraussetzung sind gerade Spiele wie „Horizon: Call of the Mountain“, „Resident Evil Village“ und „Gran Turismo 7“ in VR besonders eindrucksvoll, denn hier fühlen Sie sich tatsächlich mitten im Geschehen. Viele unserer Testpersonen mussten diese VR-Spiele aber binnen kurzer Zeit abbrechen, denn extreme Bewegungen im virtuellen Raum können Schwindelgefühle verursachen und auf den Magen schlagen. Das Problem: Der Körper reagiert höchst unterschiedlich, wenn man in der Realität nahezu bewegungslos an Ort und Stelle verharrt, aber im virtuellen Raum einen Spaziergang oder ein Autorennen veranstaltet. Ein ähnliches Problem kennen Sie vielleicht aus eigener Erfahrung, wenn Sie auf dem Rücksitz eines fahrenden Autos die ganze Zeit auf ein Smartphone oder ein Buch starren und sich mit der Zeit Übelkeit einstellt.
Sony versucht zwar in Spielen wie „Horizon: Call of the Mountain“ diesem Effekt entgegenzuwirken, doch schalten Sie alle notwendigen Hilfsmittel ein, verengt sich das Blickfeld bei Bewegungen auf ein kleines Guckloch und Bewegungen im Spiel werden im Schneckentempo ausgeführt. Wir können aus eigener langjähriger VR-Erfahrung berichten, dass sich dieser Effekt leider nicht bei jeder Person abtrainieren lässt, wie es von einigen VR-Nutzern vehement behauptet wird: spielen die Wahrnehmungssinne beim VR-Rundgang verrückt, werden Sie auch zukünftig mit Übelkeit bei entsprechenden Spielen zu kämpfen haben. Die richtige Spielauswahl ist deshalb je nach Person essentiell, um die VR-Erfahrung so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Was uns im Test durchaus überraschte: Während das Rennspiel „Gran Turismo 7“ durch die Cockpit-Ansicht sehr schnell Übelkeit auslösen konnte, ließ sich die psychedelische Horror-Rasererei „Thumper“ vergleichsweise entspannt in VR spielen. Letztendlich sollten Sie ein VR-Spiel vorab testen, bevor Sie eine Kaufentscheidung treffen, was aber leider nicht immer möglich ist. Sony fokussiert sich aktuell sehr stark auf VR-Titel, die Motion-Sickness-Probleme auslösen. Zudem fehlt es im Games-Aufgebot an echten System-Sellern wie „Half Life Alyx“ . VR-Einsteiger werden hingegen zahlreiche Titel vermissen, die mit der PS VR1 den Ausflug in die virtuellen Welten so angenehm gestalteten. Wir hoffen, dass die Games-Hersteller die bislang fehlenden Updates für PS-VR1-Games noch nachreichen werden, damit diese mit PS VR2 weiterhin erlebt werden können.
Die Faszination kann überwiegen
Ein VR-Erlebnis, wie es beispielsweise „Gran Turismo 7“ vermittelt, kann derart spektakulär und einprägsam ausfallen, dass sich jegliche Kritik an der neuen VR-Brille und der PS5-Leistung erübrigt. Tipp: Schalten Sie, wenn möglich, sämtliche Info-Anzeigen aus, um die VR-Immersion zu perfektionieren. Noch nicht vollständig überzeugt haben uns die dargestellten Proportionen in einigen VR-Games, darunter auch „Horizon: Call of the Mountain“, denn nach dem ersten Wow-Eindruck folgte häufig ein wenig Ernüchterung, wenn die VR-Welten ungewollt komische Größenverhältnisse aufzeigten. VR muss man allerdings selbst erlebt haben, um es zu verstehen und kein VR-Brillentest kann eine genaue Aussage darüber treffen, ob die gebotene VR-Qualität Ihren Ansprüchen genügt und ob Sie für bewegungsintensive VR-Games tauglich sind. Sony dürfte mit PS VR2 genau jene Herzen erobern, die sich nach einer langen PS-VR-Durststrecke auf die neue VR-Brillengeneration für die PS5 gefreut haben. Unsere Kaufempfehlung für Unschlüssige: Wer keine PS5 besitzt, sollte sich mit der Brillenlösung Quest von Meta erst einmal vorsichtig an das VR-Thema heranwagen, während High-End-PC-Besitzer abwarten sollten, bis Sony die PS VR2 für den PC freigibt oder vergleichbare OLED-VR-Headsets erscheinen. PS VR2 ist für all jene eine Kaufempfehlung, die vorrangig PS VR1 genutzt haben und einer bereits vorhandenen PS5 das passende VR-Headset zur Seite stellen möchten. Besitzen Sie noch keine PS5, empfehlen wir Ihnen, noch ein paar Monate abzuwarten, denn Sony dürfte 2023 eine günstigere PS5-Variante in den Handel bringen und spätestens dann sollte die Spielauswahl mit PS VR2 ein abwechslungsreiches Niveau erreicht haben, das neben Hardcore-VR-Fans auch VR-Einsteiger anspricht.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 02/2023 der HDTV. Dort finden Sie auch andere interessante Artikel und Tests, rund um das Thema Technik & Innovation. Hier geht es zum aktuellen Heft!
Text/Bilder: Autor: Christian Trozinski; Bilder: Sony
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