Der „Next-Gen“-Grafik-Fallout: Ein Kommentar

Bildquelle: Sony

Ich spiele Games nicht ausschließlich wegen einer atemberaubenden Grafik, sondern weil ich Spaß daran habe und die blitzschnellen Ladezeiten der PS5 und Xbox Series sind ein echter Kaufgrund für die neuen Konsolen. Doch das reicht nicht, schließlich entwickeln sich spielentscheidende Themen wie KI im Schneckentempo oder sind im Falle des aktuellen Spiels Deathloop sogar eine Katastrophe.

Beim Umstieg auf eine neue Konsolengeneration erwarte ich außerdem eine gewisse Grafik-Faszination: Die Zeiten, in denen mich die ersten 3D-Games auf Playstation 1 oder Gran Turismo 3 auf der PS2 regelrecht umwerfen konnten, sind zwar schon lange vorbei, doch auch in der PS4-Ära konnte der künstlerische Feinschliff die fehlende Hardwarepower ein ums andere Mal ausgleichen.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der PS4-Einführung: Sony eliminierte sämtliche Hürden der ungeliebten PS3-Cell-Softwareentwicklung und rannte bei den Produktionsstudios offene Türen ein. Zudem wurde die PS4 mit einer leistungsstarken Grafikeinheit und vergleichsweise viel Grafikspeicher ausgestattet, was selbst die erste Xbox-One-Hardware in den Schatten stellte. Die jüngsten PC-Ports von PS4-Spielen zeigen einmal mehr eindrucksvoll, wie gut die Sony-Exklusivtitel der letzten Jahre gealtert sind.

Mit der Veröffentlichung der PS5 wurde von Sony erneut versprochen: Echte Next-Gen-Erfahrung statt Last-Gen-Ports. Der Beginn der PS5-Ära war vielversprechend: Mit Demon’s Souls, Returnal und Ratchet&Clank schienen die PS5-Exklusives langsam anzulaufen. Doch die letzten Wochen und zuletzt Sonys PS5-Showcase haben schmerzlich aufgezeigt: Wir leben auch in den nächsten Jahren in der PS4-Ära und die Grafikleistung der PS5 wird viel zu selten ausgespielt. Selbst das aktuelle PS5-Spiel Deathloop enttäuscht in grafischer Hinsicht: Wer schicke Raytracing-Beleuchtung und scharfe Texturen ruckelfrei genießen möchte, ist mit der PC-Version besser aufgehoben, während die PS5-Fassung wie ein PS4-Spiel erscheint.

Sogar Playstation-Exklusivspiele folgen diesem Trend: Death Stranding, Horizon Zero Dawn und Days Gone sehen auf dem PC besser aus als auf der PS5. Kein Wunder: Meist bleibt es bei einem kleinen PS5-60-FPS-Update oder wie im Falle von Ghost of Tsushima muss man die grafischen Unterschiede abseits der höheren Framerate schon mit der Lupe suchen.

Doch was ist mit den neuen 2022-Sony-Exclusives wie God of War Ragnarök oder Gran Turismo 7? Auch diese zeigen unverkennbar den bekannten PS4-Grafikcharakter und keinesfalls eine Next-Gen-Grafikoffenbarung – wie auch, müssen Sony-Spiele doch auch weiterhin auf der PS4-Hardware lauffähig sein.

Und mit dem für 2022 ebenfalls angekündigten „Next Gen“-Port von GTA V könnten sich alle Beteiligten sogar lächerlich machen, denn Rockstar Games übertrifft damit nicht einmal die Qualität der alten PC-Fassung – diese ist dann wohlgemerkt 7 Jahre alt.

Dass ein Spider-Man 2 2023 exklusiv für PS5 erscheinen soll, ist nur ein schwacher Trost: 3–4 Jahre nach einem Konsolenstart auf Next-Gen-Optik warten zu müssen, ist kein Qualitätsversprechen, sondern ein Offenbarungseid. Und da Sony einen Aufpreis für PS5-Games und meist auch für Grafikupdates verlangt, die auf dem PC in besserer Qualität und zugleich günstiger zu erwerben sind, stellt sich langfristig die Frage, welchen Stellenwert die PS5 im Next-Gen-Zeitalter einnehmen wird.

Microsoft wurde für den seichten Übergang zwischen Xbox One und Xbox Series anfangs müde belächelt, doch diese Strategie zahlt sich nun aus: Xbox-Spieler zocken vor allem dank des Gamepass günstiger, aber qualitativ keinesfalls schlechter und die größten Grafikbretter 2021 in Form des Microsoft Flight Simulators und Forza Horizon 5 sind exklusiv für PC und Xbox erhältlich.

Sony muss deshalb langfristig vor allem eine Frage beantworten: Wann wird die PS5 von den Sony-Studios endlich ohne PS4-Handbremse von der Leine gelassen? Vielleicht ja 2024, wenn die obligatorische PS5-Pro-Version in den Läden steht.